NEIN??
– dann kommen Sie mit auf eine kleine Reise in den
Norden Polens, in die Kaschubei. In dieser von der letzten Eiszeit geprägten
Landschaft mit den ausgedehnten Wäldern und den vielen Seen ist die Heimat der
Kaschuben, eines ursprünglich westslawischen Volkes mit einer bewegten
Geschichte.
Kartuzy ist der Mittelpunkt, gewissermaßen die Hauptstadt
der Kaschubischen Schweiz, gegründet im 14. Jahrhundert von Kartäusermönchen.
Vom damaligen Kloster ist heute nur noch die Stiftskirche erhalten – eine der
größten Sehenswürdigkeiten der Region.
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Kartäuserkirche in Kartuzy |
Zwischen zwei Seen gelegen ist Kartuzy sowohl ein
interessantes Ausflugsziel von Danzig aus als auch für ein Standortquartier,
wenn man mehrere Tage in der Kaschubei verbringen möchte. Der Danziger
Flughafen ist im Übrigen ein guter Start- und Endpunkt für eine mehrtägige Reise. Bevor man zu den Kaschuben fährt muss unbedingt noch etwas Zeit
für Danzig sein. Das erst 2014 eröffnete Europäische Solidarnosc-Zentrum ist
unbedingt sehenswert. „Europa beginnt hier“ steht in großen Buchstaben über dem
Eingang und erinnert daran, dass der Streik der Danziger Werftarbeiter für den
Beginn einer neuen Epoche in Europa steht. Schon das Museum selbst beeindruckt,
mit einer Außenhaut aus rostigem Stahl und viel Glas ist es ein
architektonisches Meisterwerk.
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Solidarnosc Zentrum |
Und
dann hat Danzig noch ein neues Theater: das Shakespeare-Theater – errichtet
nach dem Vorbild des Londoner Shakespeare Globe Theater. Dunkler Backstein von
außen, festungsartig und abweisend, helle Birkenholz getäfelte Räume im Innern.
Ein großartiger Bau, dessen Theaterraum dem Charakter des historischen
Vorbildes entspricht aber mit modernster Technik ausgestattet. In nur drei
Minuten lässt sich das Dach öffnen oder schließen. Das Spektrum der
Veranstaltungen ist vielfältig und bringt für jeden etwas.
Aber wir wollen weiter - in die Kaschubei. Zuerst also
nach Kartuzy. Die kleine Stadt mit knapp 20.000 Einwohnern ist das Zentrum der kaschubischen Kultur. Ein
schöner Ort zur Übernachtung, zu gutem, traditionellen Essen und Einblick in
die Traditionen der Kaschuben, die sich bis heute erhalten haben. Die schon
erwähnte Stiftskirche mit ihrer reichen Ausstattung beeindruckt mit vergoldeten
flandrischen Ledertapeten, einem reich verzierter Abtstuhl und mit aufwändig
geschnitztem Chorgestühl. Dann ist da noch die einzigartige Uhr, die mit nur
einem Zeiger die Uhrzeit anzeigt. Am unteren Ende des Pendels schwingt der
Todesengel mit Sense im Takt der Uhr und erinnert den Betrachter an seine
Vergänglichkeit. Wer mehr über die Kultur der Kaschuben erfahren will besucht
das örtliche Heimatmuseum oder lässt sich abends bei kaschubischer Volksmusik mit
Akkordeon und Teufelsgeige das kaschubische Alphabet beibringen.
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Chor der Kartäuserkirche in Kartuzy |
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Kaschubisches Alphabet mit Akkordeon und Teufelsgeige |
Wir fahren weiter nach Süden und kommen nach Szymbark.
Bekannt ist der Ort vor allen Dingen durch das auf den Kopf gestellte Haus.
Vordergründig eine touristische Attraktion, tatsächlich aber eine Allegorie auf
unsere heutige Welt, in der nichts geordnet ist und alles auf den Kopf gestellt
ist. Szymbark hat aber viel mehr zu bieten wenn man sich mit der kaschubischen
Geschichte vertraut machen will: viele Kaschuben waren zu sowjetischen Zeiten
nach Sibirien verbannt. So ist es nicht verwunderlich, dass man dort ein
Originalhaus aus dem Raum Irkutsk findet, in dem nach dorthin Verbannte gelebt
haben. Einen Bunker der kaschubischen Untergrundarmee ist ebenso zu sehen wie
die Lokomotive und Eisenbahnwagen, mit denen zwischen 1939 und 1956 ungefähr 3
Millionen Kaschuben deportiert worden sind. Und etwas touristischer ist dann wieder
das rekordverdächtige „Kaschubische Brett“, mit der Zwei-Mann-Säge aus einer
Douglastanne geschnitten und mehr als 36 Meter lang. Der Rest der Douglastanne
wurde zum Tisch verarbeitet – ein Tisch, 35 m lang mit Platz für 230 Personen.
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Szymbark - Haus auf dem Kopf |
Die Kaschubei erstreckt sich im Norden bis an die Ostsee
– und dort hat sie neben der Hügellandschaft mit Ihren vielen Seen und Wäldern
eine besondere landschaftliche Schönheit zu bieten: die Wanderdünen von Leba! Sandstrand an der polnischen Ostsee, na klar!
Aber Wanderdünen? So ist es tatsächlich! Schon im 16.Jh. mussten die Einwohner
von Leba ihren Ort mehr ins Landesinnere verlegen, weil der Sand alles unter
sich begrub. Heute sind die Dünen Teil des Slowinzischen Nationalparks und von
Leba aus wandert man (oder fährt mit dem Elektromobil) bis zum Fuß der Dünen.
Wenn man erst einmal den Weg nach oben geschafft hat, denkt man an die Weiten
einer Wüste – wäre da nicht in der Ferne die Ostsee zu sehen. Pro Jahr wandern
die Dünen auch heute noch bis zu 10 Meter und traurig schauen einige
Baumstümpfe aus dem Sand und geben Zeugnis, dass auch dort einst Wald gestanden
hat.
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Wanderdünen in Leba |
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Der Wald stirbt ab |
Ein alter fein restaurierter Gutshof in Lisewo ist der ideale Platz für
eine Übernachtung. Die Bilder der Restaurierung im Foyer zeigen anschaulich,
dass das Gut kurz vor dem endgültigen Verfall war bevor sich ein Investor der
Ruine angenommen hat. Der große Park um das Gut und etwas Kleinvieh rund um den
Hausgarten machen die ländliche Idylle perfekt.
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Herzliches Willkommen in Lisewo |
Eine andere architektonische Perle der Kaschubei ist
Schloss Krokowa. Die Geschichte der von Krockows geht zurück bis ins 13. Jh. Nach
dem Krieg war das Schloss weitgehend zerstört und es wurde von örtlichen Institutionen der Gemeinde soweit möglich
genutzt. Ab 1990 entstand auf die Initiative von Albrecht Graf von Krockow und
dem Bürgermeister der Gemeinde die
Stiftung Europäische Begegnung. Damit begann der Wiederaufbau dieses Kleinods
in einem herrlichen Park zu dem heutigen Reiseziel, ohne dessen Besuch man die
Kaschubei nicht verlassen darf.
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Herbst im Park von Krokowa |
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Schloss Krokowa |
Aber schließlich muss man doch wieder nach Danzig – dort
wartet der Flieger auf den Rückflug. Übrigens, die Region Danzig ist auch noch
Teil der Kaschubei, genauso wie die Insel Hel im Norden und alles was
dazwischen liegt. Zwei neue
Sehenswürdigkeiten hatte ich schon zu Beginn erwähnt. Wenn man noch einen oder
zwei Tage mehr einplant, gibt es genug zu sehen. Natürlich die Altstadt,
natürlich Oliwa mit der Basilika und den Danziger Vorort Wrzeszcz
(brechen Sie sich nicht die Zunge, der deutsche Name ist Langfuhr), und nun
wissen Sie es schon: der Lebensmittelpunkt des jungen Günter Grass. Ein Besuch
der Taufkirche lohnt und natürlich die Bank, die er seit kurzer Zeit mit Oskar,
dem Trommler, teilt.
Einen anderen Tipp hätte ich noch für
die Reisenden, die in Danzig die Natur suchen. 15 Autominuten entfernt ist die
Sobieszewo-Insel in einem toten Arm der Weichsel. Bohnsack, wie der deutsche
Name lautet ist ein Naturparadies, herrliche Wälder und Strände und ein Hotel,
in dem man die Hektik des Alltags vergisst. Wer also nicht unbedingt in Danzig
wohnen möchte…
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Herbst in der Kaschubei |
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Bei Sonnenschein noch schöner |
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